Kategorie: Rezension
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„Junge Frau mit Katze“ von Daniela Dröscher
„Man kann süchtig werden. Nach schlechten Gefühlen, wissen Sie? Süchtig nach Schuld, süchtig nach – Problemen. Süchtig nach Arbeit.“ Seit 200 Man könnte meinen, Daniela Dröscher knüpfe mit Junge Frau mit Katze an eine japanische Tradition an, das mai bukku, das „Lebensbuch“, in dem Erfahrungen nicht für andere, sondern für das eigene Selbst in Zusammenhang…
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„Botanik des Wahnsinns“ von Leon Engler
„Arbeiterfamilien, heißt es, haben keine Geschichte, keine Tradition, keine mündlich überlieferten Legenden. Seite 10 Eine Taxonomie des Wahnsinns, nichts Geringeres erwartet die Leser*innen in Leon Englers autofiktionalem Roman Botanik des Wahnsinns. Doch Engler liefert weit mehr als eine Bestandsaufnahme psychischer Erkrankungen. Er entwirft ein vielstimmiges Psychogramm seiner Familie über mehrere Generationen hinweg. Eine Chronik, in…
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„Die Assistentin“ von Caroline Wahl
„Morgen denke ich mit, sagte Charlotte… S.79 Caroline Wahls dritter Roman hat, bevor man auch nur die erste Seite aufschlägt, bereits für gehörige Unruhe gesorgt. Von den Medien befeuert, von der Autorin selbst keck in Szene gesetzt, von Rezensionen unterschiedlichster Couleur flankiert. Es stand, wie kaum ein literarisches Werk der Saison, im Scheinwerferlicht. Zum Inhalt…
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„Man sieht nur mit der Schnauze gut“ von Bernhard Aichner
„Im Hof liegt die Luft gelangweilten in der Gegend herum und macht auf unauffällig. S.45 Es gibt Monate, die braucht kein Mensch. Februar zum Beispiel. Der sinnloseste aller Monate, sagt jedenfalls Astro. Und wenn einer das sagen darf, dann er, denn Astro ist nicht nur Hund, sondern Schnüffler mit Herz, Naturtalent auf vier Pfoten und…
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„Russische Spezialitäten“ von Dimitij Kapitelman
мама сказала, надень шапку In Sachsen bei Leipzig eröffnet eine osteuropäische Familie ein kleines Geschäft für russische Spezialitäten. Was wie ein pittoreskes Integrationsmärchen klingen könnte, entpuppt sich in Dmitrij Kapitelman autofiktionalem Roman als hochkomplexe Versuchsanordnung. Lässt Heimat sich im Glasregal konservieren? Sie verlassen ihre Heimat als Familie. Doch hier steht bereits fest, es ist kein…
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„Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten“ von Anna Maschik
Lebenslinien zwischen Osterstieg und Westerstieg „Warum es mich gibt: … Weil Schafe leise sterben“ Seite 92 Die Innereien einer Familie durchwühlt von Alma, der Urenkelin, die die Einzelteile zusammenfügt. Ein Generationenroman, ja, aber keine Chronik. Keine stringente Linie, sondern ein Mosaik, das sich anhand der Frauen erzählt. Die Männer treten nur auf, wenn sie gebraucht…
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„Die Erben des Feenfluchs“ von Corinna Götte
Nichts geschieht ohne Grund. Seite 176 Würde es nicht einfach mal Spaß machen, die alten Märchenfiguren wiederzutreffen und die Kinderseele zu öffnen? Abzutauchen ins Reich der Phantasie? Wie ist es mit den Aschenbrödel zum Beispiel? In jedem Jahr zur Weihnachtszeit versammeln sich Familien, und Freundeskreise im behaglich geschmückten Wohnzimmer, um gemeinsam den Film „Drei Haselnüsse…
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„Blinde Geister“ von Lina Schwenk
„Manche Worte brauchten ein ganzes Leben um anzukommen.“ S. 16 Lina Schwenks Debüt Blinde Geister ist ein Roman über die Unsichtbarkeit familiärer Verletzungen und die leise, doch unausweichliche Macht des Erbes von Kriegstraumata. Schon die Eröffnungsszene – zwei alte Menschen, hilflos im Bad, Rücken aneinander gelehnt, dem Tod ausgeliefert – hat etwas Filmisches, ja Ikonisches.…
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„Das Schwarz an den Händen meines Vaters“ von Lena Schätte
„… ach, du bist doch die Tochter von…“ S.77 Eine Familiengeschichte, in Spiritus gelegt Sie beginnt hier mit der Generation der Großeltern und entfaltet ein Panorama, das zugleich vom Arbeiterleben im Ruhrgebiet erzählt und von der zerstörerischen Kontinuität der Alkoholsucht. Schon der Großvater ist ein „eifriger Thekengänger“, der sein hart erarbeitetes Geld die Kehle hinuntergleiten…
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Single Mom Supper Club von Jacinta Nandi
Ihr meint nur: Hört auf, Ausländer zu sein.“ Seite 79 Das erste Bild ist trügerisch: Jacinta Nandi, in einem YouTube-Video, klein, mit dunklem Haar und Augen, die im Lachen fast zu kullern scheinen. Die Stimme – ein charmanter, britischer Akzent, der jede Silbe in federnde Leichtigkeit hüllt. Alles deutet auf Unschuld, auf ein höfliches Spiel…
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„Die Verdorbenen“ von Michael Köhlmeier
„Steht nicht an jedem Anfang ein Gedanke?“ Seite 16 Michael Köhlmeier geht autofiktional in seine Jugend zurück – und er tut es mit spürbarer Freude. Er lässt uns die verrauchte Luft der Studentenkneipen atmen, das Stimmengewirr, das Flirren jener Jahre. „Eine Szene wie die in der Lokomotive (einer Studentenkneipe) am Marburger Marktplatz ist ein Diamant…


