„Katzen sind Haustiere des Teufels. Sie leben mit Hexen und essen Babys.“ Seite 18
Ein ziemlich böses Mädchen von Jessica Zafra ist eine ungewöhnliche Lektüre – es packt einen mit bissigen Witz und schlägt freche Haken.
Und das Beste: Es ist höchst amüsant, ohne je ins Seichte abzurutschen.
Siony ist die Mutter unserer Heldin. Sie genießt eine Ausbildung, was in den Philippinen eher selten ist. Trotzdem vernebelt ihr das Schicksal ihr Hirn, als sie sich auf den wandelnden Seitensprung Nani einlässt – ein Mann, der die Ehe für ein charmantes Missverständnis hält.
Sie heiratet ihn trotzdem (Liebe halt!) und wird prompt schwanger. Während sie eine Tochter bekommt, vergnügt sich Gatte Nani mit einer Amerikanerin – weil Liebe eben Grenzen kennt, aber Nani nicht.
Die Tochter Guadalupe kurz Guada ist alles andere als ein normales Baby. Sie läuft nicht, aber sie spricht. Und wie! Statt “Mama” oder “Bababuu” kommen bei ihr Sätze wie: “Deine Mutter ist eine Hure.” oder „Stirb, Schwachkopf“
Entschuldigung?
Ist das Kind besessen oder einfach nur radikal ehrlich? Die Tanten sind sich jedenfalls sicher: Exorzismus oder gar nichts.
Nachdem Siony ihre Tochter den Teufelsaustreiberinnen entrissen hat, macht der Erzeuger Nani seinen Abgang.
Siony findet Arbeit als Köchin bei Don Paquito, einem schwerreichen, schwer korrupten Patriarchen, der mit seinen Wurstfingern seine Unternehmen unterjocht. Da dem Don sein leibliches Wohl einiges Wert ist, sind Siony und Guada gut versorgt und leben als privilegierte Bedienstete im Haus ihres Arbeitgebers und dessen Familie.
Guada darf jetzt zur Privatschule – gesponsert von diesem Mann, dessen Ethik irgendwo zwischen einem Piranha und einem Steuerberater liegt.
Sie ist klug, spricht zwei Sprachen, hält sich manchmal für eine Hexe – und hinterfragt oft und gern was sie sieht. Und da gibt es viel zu fragen.
Schließlich lebt sie in einem Land, wo Frauen wegen Ehebruch geächtet werden, Männer aber mit ihrer Geliebten öffentlich in Motels Monopoly spielen dürfen. Und wo Homosexuelle nur dann geduldet werden, wenn sie eine Freundin mitbringen – zum Tarnen, nicht zum Lieben.
Zafra seziert mit gnadenloser Ironie das System. Die philippinische Gesellschaft kriegt ihr Fett weg – korrupt, patriarchalisch, bigott. Doch Zafra verpackt all das in süß-saure Bonbons: bunt, klebrig und mit bitterem Kern. Es ist, als würde man beim Lesen an einem Lolli lecken, der einem plötzlich eine Backpfeife gibt.
Brillant formuliert, tatsächlich urkomisch ist das Buch ein Voodoo-Zauber mit literarischer Pointe. Wer nicht lacht, hat vermutlich selbst Wurstfinger und sitzt in einem Hinterzimmer mit goldener Rolex.
Jessica Zafra ist eine der bekanntesten Autorinnen der Philippinen. Es ist ihr erster Roman der 2021 erschien und mittlerweile in 5.Auflage erscheint.
Genial übersetzt von Niko Fröba.