„Die Strassenkatzen von Manila“ von Archie Oclos

„Wünsche – Kummer – Sehnsucht“

Manila ist eine Stadt, die wie ein Atemzug zwischen Vergangenheit und Gegenwart hängt. Ein Gewirr aus hupenden Jeepneys, schimmernden Glasfassaden und den bröckelnden Mauern alter spanischer Kirchen. Am Pasig-Fluss riecht die Luft zugleich nach Salz, Diesel und gebratenem Knoblauch. Diese Stadt ist laut, widersprüchlich, lebendig und in ihrem Chaos sind die Straßenkatzen allgegenwärtig.

Man findet sie in engen Gassen, auf den Dächern von Wellblechhütten, zwischen Fischständen und vor kleinen sari-sari-Läden. Sie streifen durch den Regen, schlafen zusammengerollt im Schatten alter Kirchenmauern oder warten geduldig vor Imbissständen, wo der Duft von gegrilltem Fleisch und Reis die Luft erfüllt. Manche von ihnen sind herrenlos, aber nicht ohne menschliche Nähe. Kinder teilen heimlich Reisreste, alte Frauen stellen Wasserschalen hinaus, Händler pfeifen sie fort – nur um sie später wieder zurückzurufen.

In Die Straßenkatzen von Manila verwandelt Archie Oclos die Katzen in Metaphern für das Überleben im Schatten und zeichnet ihnen ein Denkmal von rauer Zärtlichkeit.

Sein Buch ist weit mehr als ein Graphic Novel: Es ist ein Künstlerbuch, ein Objekt in Schwarz-Weiß, wertig auf schwerem Hochglanzpapier von @cultur verlegt – eine Augen- und Leseweide. 

Jede Illustration begleitet Oclos mit genau drei Worten. Worte, die sich wie scharfe Splitter in die Wahrnehmung setzen, lakonisch und präzise, und doch weit genug geöffnet, um ganze Geschichten anklingen zu lassen. 

„Hunger, Gerüche, Rüberlinsen“ 

Schon dieses Triptychon vom Duo der Garküche entfaltet eine Szene, die man riecht, sieht, beinahe hört.

Erklärungen braucht es nicht. Die knappen Worte schaffen den Raum für eigene Gedanken und Gefühle. In ihrer Verbindung mit den expressiven Zeichnungen entsteht eine suggestive Intensität, die über den dokumentarischen Blick hinausgeht. Oclos’ Kunst spricht unmittelbar zum Herzen und verlangt zugleich nach der stillen Mitarbeit der Lesenden, die ihre eigenen Bilder, Erinnerungen, Erfahrungen hinzufügen.

Im Nachwort werden die sechs Episoden des Buches noch einmal zusammengefasst. Doch eigentlich bedarf es keiner weiteren Deutung, wenn man sein Herz als Kompass benutzt. Denn die Straßenkatzen tragen die gleiche Mischung in sich wie Manila selbst.

Härte und Verletzlichkeit, Chaos und Zärtlichkeit.

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