„Gorbach“ von Hank Zerbolesch

„Aber manchmal … Manchmal geht’s einem so richtig auf den Sack. Und jetzt gerade, ist manchmal, jetzt gerade ist definitiv manchmal.“ Seite 85

Ach, „Gorbach“. Ein Roman, so einladend wie eine Bahnhofstoilette um drei Uhr morgens. Hank Zerbolesch nimmt uns mit in einen Ort, der das Lebensgefühl von „Hier war mal Hoffnung, aber dann kam die Realität“ atmet. Es stinkt nach Pisse, Armut und zerplatzten Träumen. Wer hier noch lebt, hat entweder keinen Ausweg oder eine beängstigende Vorliebe für menschliches Elend.

Zerbolesch schreibt über Gewalt, Trostlosigkeit und Suff, und zwar in einer Sprache, die so nackt ist, dass sie fast schon friert. Sein episodischer Stil erinnert an einen Wodka-Rausch – man schwankt von Szene zu Szene, verliert kurz den Faden, rappelt sich wieder auf und wundert sich, wie man hier gelandet ist. Dass die Charaktere zwischen Hoffnungslosigkeit und Aggression oszillieren, überrascht wenig: Wer den Ort nicht formt, wird von ihm geformt. Und Gorbach formt gnadenlos.

Aber dann – ein Hoffnungsschimmer! Eine Lamettaweihnacht, warm und heimelig wie eine abgelaufene Wärmflasche. Ein Moment des Wohlgefühls, bevor die Realität wieder mit der Axt kommt. Hier zeigt sich die wahre Meisterschaft Zerboleschs: Er lässt den Leser kurz durchatmen, nur um ihm dann mit aller Wucht die bittere Kälte seiner Welt ins Gesicht zu schlagen.

Ist „Gorbach“ ein gutes Buch? Sicherlich. Ein angenehmes? Auf keinen Fall. Es ist brutal, düster und verlangt dem Leser einiges ab – was es aber umso lesenswerter macht. Wer sich nach einer Reise ins literarische Elend sehnt, bitte einsteigen. Ticket in die Hoffnungslosigkeit ist inklusive.

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