„Wienerberg“ von Mina Albich

„Eine Portion Galgenhumor half nicht nur Grohsman. Schließlich war Humor, nichts anderes als gesunder Menschenverstand, der tanzte. Seite 26

Mit Wienerberg legt Mina Albich bereits den vierten Band ihrer Krimireihe im Wiener Milieu vor und beweist abermals, dass sie ihr Genre beherrscht.

Der Auftakt des Romans ist so unschuldig wie makaber: Die achtjährige Mara Bitzinger will einem toten Käfer ein Begräbnis bereiten, ganz den Vorschriften entsprechend in zwei Metern Tiefe. Doch beim Graben stößt sie auf einen Knochen. Das dieser menschlichen Ursprungs sein könnte, sorgt zunächst für familiäre Verstörung und führt, wenig erstaunlich für Albich-Kenner, zu einer jener Drehungen, die uns geradewegs in den nächsten Fall des Ermittlerteams um Felix Grohsman und die Kriminalpsychologin Nicky Witt führen. Letztere ist seit Band eins eine feste Größe und längst mehr als bloßes Beiwerk. Sie steht für die psychologische Tiefe, die Albichs Krimis auszeichnet.

Wie gewohnt gelingt der Autorin ein komplexes Geflecht, das u.a. auch historische Schatten Wiens heraufbeschwört. Die berüchtigte „schöne Axtmörderin, die Kandlerin“ ein geheimnisvolles Medium und ein alter Entschlüsselungscode sind nicht bloße Staffage, sondern tragen zur atmosphärischen Dichte des Romans bei. Hier mischt sich Fakt mit Fiktion, das Archaische mit der Gegenwart, und der Leser wird unweigerlich in den Sog der Ermittlungen hineingezogen.

Die Stärke des Romans liegt in seiner methodischen Genauigkeit. Das polizeiliche Vorgehen wird kleinteilig entfaltet, ohne in trockene Protokolle zu verfallen, die psychologischen Dimensionen sind plausibel und dicht gezeichnet. Albich spart nicht an brisanten Themen. So wird die Gewalt gegen Frauen klar benannt und ebenso klar verurteilt. Diese Haltung steht dem Genre gut an.

Doch Wienerberg ist nicht nur ein Puzzle der Beweisführung. Es menschelt im Team. An manchen Ecken wird gestritten, an anderen leise geliebt. Und natürlich dürfen auch die vierbeinigen Begleiter nicht fehlen, die mit ihrem tierischen Charme ihren eigenen Beitrag zum Roman leisten.

Zwar lässt sich der Band auch ohne Kenntnis der Vorgänger lesen, doch würde man damit auf die Entwicklung der Charaktere und das feine Netz der internen Anspielungen verzichten. Für die treuen Leserinnen und Leser hingegen ist Wienerberg eine Belohnung. Denn er ist ein weiterer Beweis, dass Albichs Wien nicht nur Schauplatz, sondern literarische Figur ist . Eine Stadt, die mit all ihrer Geschichte und Widersprüchlichkeit zwischen morbider Eleganz und rauer Gegenwart pulsiert. Das die Autorin Wienerin mit mit Leib und Seele ist, kann man fühlen.

Dass man in Wien zu einer Käsekrainer auch ‚a Eitrige‘ sagt, hat mir kurz den Appetit verdorben, zumindest auf ein Würstel, jedoch nicht auf einen schönen Wiener Kriminalroman

🐸 Mehr Rezensionen: ,