„Es ist der alte Fluch. Er lässt uns nicht los.“ Seite 325
Rebecca Godfreys „Peggy“ nähert sich der legendären Kunstmäzenin Peggy Guggenheim nicht über einen klassischen biografischen Zugang, sondern versucht, sie über Stationen ihres Lebens – New York, Paris, Venedig – in ihrer Suche nach Freiheit und Selbstverwirklichung zu erfassen.
Es ist ein Porträt voller Ambivalenzen: zwischen Glamour und Geist, zwischen Oberflächlichkeit und Bildung, zwischen Macht und Verletzlichkeit.
Geboren 1898 in eine der reichsten Familien Amerikas, ist Peggy ein Kind des Überflusses. Schon der Prolog betont die Herkunft des Guggenheim-Vermögens – „direkt aus dem Dreck“ –, was einerseits kritisch auf die industriellen Wurzeln des Reichtums verweist und andererseits den Ton für den weiteren Verlauf setzt:
Godfrey spart nicht mit schillernden Details, modischen Beschreibungen und reichlich Dekadenz. Dies wirkt zuweilen ermüdend, gar abschreckend.
In den ersten Kapiteln dominieren Oberflächlichkeiten, fast wie aus einem Modekatalog entnommen, während man vergeblich nach Tiefe oder einer erkennbaren Entwicklung sucht.
Erst im späteren Verlauf, besonders im dritten Teil – verfasst von Leslie James – nimmt das Buch an Substanz zu.
Die Sprache wird etwas poetischer, die Beschreibungen eindringlicher. Venedig, wo Guggenheim später einen Palazzo erwirbt, wird dabei nicht nur zur Kulisse, sondern zum Spiegel ihrer inneren Wandlung.
Die Flucht aus Europa vor den Nationalsozialisten und ihre Mission, „ein Bild pro Tag“ zu kaufen, um Kunst zu bewahren, zeugen von einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Zeit und ihrer Rolle als Sammlerin.
Dass sie Werke von heute unschätzbarem Wert damals fast beiläufig mitnahm, wirkt im Rückblick sowohl kühn als auch tragisch.
Doch Godfrey thematisiert auch die Kritik: Guggenheims Beziehungen zu Künstlern, die Nähe von Mäzenatentum und Romantik, und der Verdacht, sie habe mehr durch Herkunft als durch Expertise Einfluss gewonnen stehen im Raum.
Peggy ist kein klassisches Porträt, sondern eine atmosphärische Collage, deren Stärke in den Bildern liegt, die sie evoziert – und deren Schwäche in einer bisweilen flatterhaften Erzählweise.
Wer sich ein profundes Werk über Peggy Guggenheim erhofft, könnte enttäuscht werden. Wer jedoch bereit ist, sich auf ein schillerndes, manchmal irritierendes literarisches Mosaik einzulassen, wird Einblicke in das außergewöhnliche Leben einer Frau gewinnen, die stets zwischen Kunst und Chaos balancierte.