„Mord in der Wiener Werkstätte“ von Beate Maly

„So schnell konnte das Blatt sich wenden. Eben noch der Hauch einer feinen Dame und schon wieder die Brut vom Ratzengrund.“ Seite 178

Dicker Qualm, der erdige Geruch von Whiskey, Männer in feinem Zwirn – doch einer von ihnen hat Pech. Die Karten sind ihm nicht wohlgesonnen, und so häuft er Schulden an, die ihn bald erdrücken könnten. So beginnt der historische Krimi „Mord in der Wiener Werkstätte“.

Parallel dazu streift die Halbwaise Liliane, genannt Lili, hungrig über den Wiener Naschmarkt. Ihr Vater hat das wenige Geld wieder einmal versoffen und verspielt. Ihre Fingerfertigkeit sichert ihr ein paar Köstlichkeiten – bis sie dabei erwischt und als Diebin abgeführt wird. Doch der junge Kommissar Max von Krause hat Mitleid mit dem frechen Mädchen. Mit dem Versprechen, sich eine ehrliche Arbeit zu suchen, entlässt er sie.

Durch Zufall stolpert Lili in die Wiener Werkstätte, wo sie als Putzfrau eine Anstellung findet. Ein magischer Ort für sie: Hier dürfen Frauen schöpferisch arbeiten, gestalten, dekorieren. Zwar sind die Männer federführend, doch die Frauen haben ihren Platz – wenn auch nicht gleichberechtigt. Für Lili ein Paradies, in dem sie mehr sein möchte als eine einfache Putzkraft.

Doch nicht alle gönnen ihr dieses Glück. Besonders Rita, die talentlose Tochter eines reichen Fabrikanten, die nur dank väterlicher Spenden hier arbeiten darf, macht ihr das Leben schwer. Als Rita am nächsten Morgen tot in der Werkstatt gefunden wird, gerät Lili schnell unter Verdacht. Sie war die Letzte, die Rita lebend gesehen hat – und die Erste, die ihre Leiche entdeckte.

Kommissar Max von Krause wird mit der Aufklärung des Mordfalls betraut. Es gibt zwar schon moderne Ermittlungs-Methoden wie Fingerabdrücke oder kriminalistische Fotografie – doch nicht im traditionellen Wien, was den Kommissar sehr fuchst. 

Und während der Kommissar sich durch die Wiener Gesellschaft ermittelt, entfaltet sich ein atmosphärisch dichter Krimi, der mit seinem historischen Flair überzeugt.

Die Autorin entführt die Lesenden in das Wien zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Mit prächtigen Bildern beschreibt sie die Wiener Werkstätte, die Kaffeehäuser und die gesellschaftlichen Strukturen jener Zeit. Der Roman besticht nicht nur durch Spannung, sondern auch durch liebevoll ausgearbeitete Figuren. Besonders die humorvollen Dialoge zwischen Lili und Max sorgen für ein charmantes Lesevergnügen.

Trotz des gemütlichen Erzählstils bleibt die Spannung bis zum Schluss erhalten. Der Showdown überrascht mit einem unerwarteten Twist.

Ein besonders schöner Aspekt: Die Idee für diesen Krimi entstand nach dem Besuch einer Ausstellung über die Künstlerinnen der Wiener Werkstätten. Bis 1919 war Frauen das Kunststudium verwehrt, doch sie spielten eine zentrale Rolle in der Erfolgsgeschichte dieser Werkstätten. Die Autorin ehrt einige dieser Frauen, indem sie ihre Namen in die Handlung integriert.

Das Cover – inspiriert von den Schrifttypen und Stoffmustern der Wiener Werkstätten – ist eine Hommage an diese Kunstbewegung und unterstreicht den historischen Charme des Buches.

Ein fesselnder Krimi für alle, die Cosy Crimes mit historischem Tiefgang und kunstgeschichtlichem Hintergrund lieben. Und zum Glück bleibt es nicht bei diesem Abenteuer – Band 2, Gold aus der Wiener Werkstätte, verspricht eine spannende Fortsetzung!

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