„Arbeiten war überhaupt nicht sein Ding, wie er vor einigen Monaten festgestellt hatte“ Seite 57
Ich erwarte eine nette Geschichte über die junge, woke Generation und dann befinde ich mich plötzlich mitten in einem frechen, durchgegenderten Roman.
Der Autor Christoph Strasser nimmt den Meinungsmainstream der alternativlosen Selbstzensur einer jungen Elite sarkastisch aufs Korn.
„…ein zu Fuß Gehender oder ein Autofahrender…“
Unsere Studierenden, die zukünftigen Welterrettenden die stundenlang debattieren, ob der Genderstern oder der Gender-Doppelpunkt inklusiver sei, während sie ihre Klimakrise-freundlichen Bambuszahnbürsten benutzen, werden hier seziert.
Die, die sich auszeichnen durch ihre Fähigkeit, inmitten von Prüfungsstress und Existenzangst immer noch Zeit zu finden, um über die neuesten Memes und die besten Avocado-Toast-Rezepte zu diskutieren oder zu überlegen, ob es ethisch vertretbar sei, die Kaffeemaschine zu benutzen, weil diese den ökologischen Fußabdruck erhöht.
Dabei ist der/die Studierende*r ein*e Expert*in im Multitasking: Während der Vorlesung kann er parallel die besten Tiktok-Tänze einüben und Petitionen gegen Mikroaggressionen unterschreiben.
So sind auch die Protagonisten Jonas, Ben und Mina stets bereit für die Gleichberechtigung aller Schmetterlingsarten zu kämpfen, und den*die nächste*n Professor*in zu canceln, der/die es wagte, das generische Maskulinum zu verwenden.
Was die Drei nicht verwenden wollen ist Anstrengung. Sie sind Anfang zwanzig, leben noch im Hotel Mama und halten es für ein Naturgesetz alles zu bekommen, wonach ihnen der Sinn steht, denn sie sind der Nabel der Welt.
Als Ben jedoch notgedrungen beschließt sich eine eigene Wohnung anzumieten, muss ein Nebenjob her, was sich bei Ablehnung jeglicher körperlicher Arbeit als schwierig erweist.
Doch auf dem Campus erscheint eine Lichtgestalt in Form des ehemaligen Lehrers Steffen Roski und siehe da, er hat einen leichten Content Creator-Job mit mega Verdienstmöglichkeiten zu vergeben.
Doch wer meint, dass die drei Freunde hier auf einen wahren Menschenfreund getroffen sind, den muss ich enttäuschen, denn Autor Christoph Strasser sendet in diese ach so heile Welt den Teufel selbst.
Den Mephistopheles, hier auch Steffen Roski genannt, der den Dreien einen Pakt anbietet. Oder vielmehr bietet er ihnen eine leichte Möglichkeit ohne große Anstrengung an viel Geld zu kommen.
Steffen Roski ist ein „Lord Henry“, der als zynischer Hedonist, die jungen „Dorians“ mit seinen philosophischen Ansichten über Moral und erwachsene Selbstbestimmung verführt, manipuliert und ihr Leben ins Chaos stürzt.
Ein bitterböseres, schwarzhumoriges Lesevergnügen, dass völlig zu Recht mit der TRIGGERWARNUNG: „Das Buch ist böse, gemein und niederträchtig, aber auch wahnsinnig witzig.“ versehen ist.
Und so ist es für mich auch zu verstehen. Es soll nicht den betonierten Trotzköpfchen Recht geben sondern wie ein gutes Abführmittel Wortverstopfungen lösen.