„In Deinen Grünen Augen“ von Sonja Schmitz-Herscheidt

„Sie war so schön. Sein Herz schlug schneller bei ihrem Anblick. Er liebte sie so sehr.“  Seite 174

Von den ersten Zeilen an entfaltet Sonja Schmitz-Herscheidts In deinen grünen Augen den Zauber einer märchenhaften Liebesgeschichte, die sich weigert, eindeutig in Raum und Zeit verortet zu werden. 

Ein ehrbarer Bürger gerät mit seinen beiden Töchtern im Wald in einen Überfall. Schon diese Romaneröffnung könnte ebenso gut in der Welt der Romantiker spielen wie auf einer Theaterbühne des 19. Jahrhunderts. 

Doch in dieser unbestimmten Zwischenzeit, irgendwo zwischen Mittelalter und Biedermeier, beginnt eine Liebesgeschichte, die vor allem eines ist, ein Spiel mit gesellschaftlichen Grenzen und mit dem Glauben an das Gute im vermeintlich Gesetzlosen.

Als Helena, Tochter aus gutem Hause, im Wald auf den jungen Taron trifft, könnte der Gegensatz kaum größer sein. Hier die unberührte Schöne, dort der Geächtete. Er entreißt ihr die Kette der verstorbenen Mutter, sie reißt ihm seine Maske vom Gesicht und blickt in jene titelgebenden, grünen Augen. Was folgt, ist eine Geschichte, die sich aus Missverständnissen, Irrtümern und leisen Sehnsüchten mit viel Fantasy spinnt.

Schmitz-Herscheidt erzählt leicht und mit einem Gespür für das Pathos des Archetyps. 

Das Opfer folgt dem uralten Erzählpfad von Schuld, Erkenntnis und Läuterung. Es ist eine Parabel über soziale Schranken und die Kraft des Mitgefühls, verpackt in den Gewändern einer Liebesgeschichte.

Dass die Autorin sich stilistisch kleine Freiheiten erlaubt, verleiht dem Text eine charmante Eigenwilligkeit. Besonders auffällig ist der zweispaltige Satz der inneren wie äußeren Dialoge zwischen Helena und Taron, die zunächst irritierend, dann aber fast tänzerisch sind und ein visuelles Echo ihres gegenseitigen Annäherns und Entweichens geben.

Die Anachronismen der Schauplätze und Zeiten wirken dabei als Einladung. Der Leser darf sich selbst die Welt erschaffen, in der diese Geschichte spielt. Der historische Rahmen ist bloß Kulisse, entscheidend ist das Märchenhafte, das Zeitlose.

Am Ende bleibt „In deinen grünen Augen“ ein Buch über die Möglichkeit des Guten inmitten der Schranken von Stand, Herkunft und Vorurteil.

Helena und Taron sind keine modernen Figuren, aber sie tragen in sich etwas, das jeden Liebesroman überdauert, den Glauben, dass der Blick in fremde Augen manchmal genügt, um eine ganze Welt aus ihren Angeln zu heben.

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