„Zeit ist überflüssig, ein Märchen für Erwachsene.“ Seite 11
Die Nacht trägt ihn durch die Straßen von Paris, ruhelos, fieberhaft, getrieben von Erinnerung und Begehren.
In Die imaginäre Nacht folgt der namenlose Erzähler den Spuren seiner Mutter, deren Tod sich über Jahrzehnte wie ein Schatten über sein Leben legt. Es ist eine Reise ins Ungewisse, ein Abstieg in die labyrinthischen Gänge der eigenen Vergangenheit und der Stadt, die ihn umschließt wie ein dunkler Mantel.
Sein Streifzug führt ihn in Bars, zu flüchtigen Liebhabern, in das vibrierende Fleisch der Nachtclubs und zu Mona, die ihn liebt, doch die er nicht lieben kann. Er taumelt zwischen der Sehnsucht nach Nähe und dem Drang zur Flucht. Ein Foto der Mutter fällt aus einem Buch – ein Bild, das ein Vierteljahrhundert darauf gewartet hat, gesehen zu werden. Das und die Information, dass sie ihrem Leben selbst ein Ende gesetzt hat, erschüttert ihn bis ins Mark. Was bleibt von ihr, außer dieser Leerstelle, dieser unaufhörlichen Melancholie?
Hugo Lindenberg zeichnet eine fragile, poetische Innenwelt, in der Zeit aufgelöst scheint
– „ein Märchen für Erwachsene“ (S. 11).
Der Erzähler vergräbt sich in der Vergangenheit, doch alles, was er dort findet, ist die Unmöglichkeit der Wiederkehr. Der Herbst deckt die Welt mit welkem Gold zu, doch seine Mutter wird nicht mehr auferstehen.
Und so irrt er weiter, begegnet Männern, die nach Heu duften, sucht Geborgenheit in wilden Betten, doch alles verblasst im Morgenlicht. Der Schmerz bleibt. Die Traurigkeit bleibt. Doch er lebt wieder auf, befreit sich, atmet endlich aus.
Ein Roman von fiebriger Schönheit, von Sinnlichkeit, Erotik und Verlorenheit, der mit jeder Seite wie ein leiser Atemzug im Dunkeln verweilt.
Dieser Roman entfaltet seine hypnotische Sograft nicht zuletzt durch die meisterhafte Übersetzung Lena Müllers auf dem Französischen.