„Du hattest heiteres Gemüt, was bei dir gelang, bei missriet;“ S.28
Der junge Stifter Verlag hat mit Martin Oehrings Gedichtband ein literarisches Fundstück, im wahren Sinn einen Dachbodenfund, veröffentlicht, das zugleich Zeitdokument und poetischer Rückzugsraum ist. Oehring, einst studierter Ökonom, dann Aussteiger, Heizer, Schafhirte, schrieb zwischen 1984 und 1987 Gedichte, so eigenwillig wie sein Lebensweg.
Formal bewegt sich Oehring in antik anmutenden Versmaßen, oft im jambischen Paarreim, mit einem Hang zu altdeutscher Wortgewalt– ein bewusst gewählterTonfall, der sich von zeitgenössischem Lyrikbetrieb abhebt. In seinen Versen beschreibt er das Aussteigen, die Natur, das kindliche Staunen, aber auch Einsamkeit, Zweifel und neudeutsch Politikverdrossenheit.
Der Bruch mit dem bürgerlichen Leben bleibt spürbar, ebenso wie ein stilles Aufbegehren gegen den Sozialismus jener Jahre.
Besonders eindrucksvoll: „Der Weg nach Lobotschin“ – eine poetische Wanderung abseits der großen Wege, voll leiser Naturbeobachtungen und innerer Befreiung. Andere Gedichte befassen sich mit Abschied, Widerstand, dem Leben und Einsamkeit.
Oehringer war ein großer Wilhelm Busch Liebhaber und so verwundert es nicht, Sprüche solcher Art bei ihm zu finden: „Das Glück gibt es im Zauberlande / Bei abgeschaltetem Verstande.“ Auch das Gedicht Streit fällt in diese humorige Kategorie.
Ein warmherziges Nachwort von Tochter Manuela Fuelle rundet den Band ab. Sie beschreibt ihren Vater als alleinerziehenden Poeten, verschmitzten Erzähler und Suchenden – ein Leben im Schatten der Gesellschaft, aber voller Licht. Eine lohnende, stille Lektüre.
[…] „Dieser Band ist keine späte Gedenkplatte, sondern ein Monsterbrillant aus dem Tiefsee‐Schatz der deutschsprachigen Literatur: 15 Geschichten, die zeigen,…