„Eine grausame Tat bleibt eine grausame Tat. Mit diesem Verdikt beendete er seinen Vortrag“.
McEwan erzählt die Lebensgeschichte von Roland Baines. Seine Lebensreise wird durch die weltgeschichtlichen Ereignisse begleitet und beeinflusst, von denen auch die Generation der 70-ger Zeuge war.
Baines wächst frei und glücklich auf. Das ändert sich, als seine Eltern 1959 beschließen, nach England zu gehen. Er wird durch den Vater gezwungen, seine Heimat zu verlassen und in einem Internat zu leben.
Von der Freiheit zu Beginn seiner Kindheit führt er im Internat das geistige Leben eines Hundes in einer konstanten Welt. Statt Gezeiten nur Routine. Doch er begegnet in seiner Klavierlehrerin dem Archetypen seines Schicksals. Gedrängt durch ein mögliches Kriegsszenario in der Schweinebucht sucht er bei ihr Zuflucht und wird zum naiven Werkzeug eines Missbrauchs, der sein ganzes Leben verändern wird.
Trotzdem beansprucht er einen Platz im Garten Eden und weiß doch um seine Vergänglichkeit.
Als er Beständigkeit findet, entgleitet sie ihm wieder. Er wird verlassen. Einzig im Sexuellen findet er Befreiung und Glück.
McEwans schildert den Bruch der Beziehung von Roland, der durch seine nach Selbstverwirklichung strebende Frau herbeigeführt wird.
Er liefert sie lebenslangem Verzeihen aus, weil sie ihre Kunst über die Familie gestellt hat. Die Tragik der Frau, statt Bewunderung nur Entschuldigung.
Verlassen Männer Frau und Kind, sind sie noch immer Helden.
Kraftvoll finde ich die Schilderung der ehemaligen DDR-Geschichte. Baines verlässt erstmals seine Statistenrolle und wird aktiv. Die Düsternis und das ohnmächtige Ausgeliefertsein in einem Überwachungsstaat ist beeindruckend erfasst. Hut ab.
In konzentrischen Kreisen schließen sich die Lebens-, Familien- und Leidensgeschichten des Roland Baines. Im realen Leben bleibt uns dies verwehrt.
Am Ende fragen wir uns doch alle, wie wird die Geschichte weitergehen?
Ist etwas Großes im neuen Jahrtausend zu erwarten? Demokratisiert sich unsere Welt? Retten wir uns? Welche Lektionen hat uns das Leben erteilt?
Ein Buch, das mich nachdenklich zurücklässt.