„Im Kreml brennt noch Licht“
Ein stilles Wunder.
Zwei alte Menschen finden sich, als das Leben längst entschieden schien. Eine späte Liebe, noch unanständig schön, ein Leuchten, das andere sofort bemerken, während sie selbst sich für zwei Schiffbrüchige halten, die einander im letzten Licht festhalten.
Friedrich, einst ein Unzerstörbarer, zerfällt vor ihren Augen in langsamen Etappen.
Nachts kommt er in ihr Zimmer, wenn der Körper ihn ruft oder liegt bleich auf seinem Bett. Nur morgens ist er ein anderer: lebendig – noch.
Jede Nacht birgt die Frage, jeder Morgen die Erleichterung. Das Alter fordert Tribut, nicht plötzlich, sondern in winzigen Summen, die sich zu einem schwindelerregenden Verlust addieren.
Der Schrecken liegt nicht im Tod, sondern im Sterben: im allmählichen Abschneiden von allem, was einen trug.
Man verliert erst Gewohnheiten, schreibt Wodin, dann Kräfte, zuletzt die Furcht. Der Körper wird enger, die Welt kleiner.
Zwischen ihnen spannt sich ein dünnes Band: „Hab noch einmal Mut“, sagt er, und schenkt ihr, was sein Körper noch hergibt: die zitternde Hand, den Blick und Nähe. Sie wissen beide, jede Umarmung könnte die letzte sein.
Ihre Liebe im Alter erinnert an jene mythische Bitte von Philemon und Baucis, nicht den einen ohne den anderen sterben zu lassen. Nur dass heute kein Gott die Hütte verzaubert. Die Moderne kennt keine Gleichzeitigkeit des Abschieds oder vielleicht nur im assistierten Suizid.
Sie schreibt weiter, Wortfädchen gegen die Stille. spinnt diesen dünnen Faden, als könne Sprache den Tod auf Abstand halten.
Er baut ihr ein kleines Nest, so gut er noch kann, als könne Geborgenheit der Endlichkeit widersprechen.
Beide wissen, dass Hoffnung hier ein Spiel ist.
Die Autorin erklärt die Liebe im Alter zum Paradox.
Sie tröstet und erschüttert zugleich, macht den Verlust schärfer und das Leben zugleich erträglicher. Vielleicht ist das ihre letzte Freiheit, zu lieben ohne Netz, weil der Absturz ohnehin sicher ist.
Und wenn eines Tages der erste geht und der andere bleibt, endet die Geschichte nicht, sie wird nur einsamer erzählt.
Wodin beschäftigt sich damit, was wir alle nur zu gern verschweigen. Sie erzählt ehrlich vom Altwerden.
Ich habe dieses Buch dieses Mal als Hörbuch gehört . Die fließende Stimme von Martina Gedeck macht das Thema zwar nicht leichter aber sie wärmt die Seele kräftig durch.



[…] „Dieser Band ist keine späte Gedenkplatte, sondern ein Monsterbrillant aus dem Tiefsee‐Schatz der deutschsprachigen Literatur: 15 Geschichten, die zeigen,…