„Denn Schönheit war es, die am Ende im Gedächtnis blieb, nicht äußere Schönheit, sondern die Schönheit eines Moments, der völlig unerheblich war. S.201
Jupiter ist der oberste Gott, der Herrscher über den Himmel und der Göttervater der römischen Mythologie.
Der „Vater des Himmels“ liegt chronisch krank in einem Pflegebett statt mit Blitz und Donner zu regieren.
An seiner Seite Juno, der Inbegriff der Weiblichkeit, Ehe und Fürsorge.
Das weibliche Pendant zum großen Himmelslenker ist jedoch eine schlaflose, fünfzigjährige Performancekünstlerin aus Leipzig. Sie tanzt, schneidet sich die Haare selbst, hat eine Wildbiene als Haustier und sie pflegt Jupiter.
Beiden sind die Worte füreinander ausgegangen.
„Juno. Namen, die auf o enden klingen wie Donner, wenn er die Hänge hoher Berge hinunterrollt.“ Seite 17
In jeder schlafverlorene Nacht bekommt sie virtuelle Post von Jimmy, Phil oder Allessandro.
Alles Männer wie vom Cover des „Mens Health“ oder der alten Malbororeklame. Ganze Kerle mit starken Schultern zum Anlehnen.
Es sind Love-Scammer und Juno deckt sie mit ihren Phantasiegeschichten ein.
Um Rache geht es ihr nicht. Sie will ihren Spaß, so wie man mutwillig einen Turm Bauklötze umwirft um laut UPS! zu rufen.
Auf Seiten der Scammer entsteht Verunsicherung und dann kurz, Bitch! Talk beendet! Die Honigfalle bleibt Lee, denn Juno ist aus Beton.
Eines Nachts gibt sich ein enttarnter Scammer zu erkennen. Benu ist 32 und lebt in Nigeria. Von Deutschland weiß er nicht viel und sein Job ist ein Job. Über die Zerstörung einer weißen, privilegierten Frau macht er sich keine Gedanken.
Es gibt nur bis 22:00 Uhr Licht in seinem Zimmer, dann wird der Strom abgestellt. Und er chattet bei Kerzenlicht mit Juno bis tief in die Nacht.
Sie schreibt Benu melodische, tänzelnde kleine Lügen. Doch immer öfter mischt sich die Wahrheit darunter. Es ist, als würde sie ein Theaterstück komponieren, das einen autofiktionalen Anteil hat. Ihre Einsamkeit.
„Einmal Menschen um sich haben, die sich um sie sorgten. Ein paar Minuten nur.“ Seite 147
Die Schriftstellerin Martina Hefter schreibt in ihrem Buch „Hey guten Morgen, wie geht es Dir?“ neben vielen anderen gewichtigen Themen auch über unsere Sehnsüchte.
Wir möchten Menschen um uns haben, mit denen wir fliegen können, die uns aber auch auffangen, wenn wir der Sonne zu nah kommen. Wir wollen Leben ohne materiellen Druck, der unserem gesamten Sein einen Käfig verpasst, uns einsperrt und unsere Träume beschneidet. Und natürlich wollen wir auf unseren Körper vertrauen. Mit ihm Wege entdecken, die noch nicht begangen wurden und nicht auf den Schienen der Ausweglosigkeit einem finalen Ziel entgegenrumpeln.
„Aber ohne Naivität keine Entdeckung. Man muss manchmal die Möglichkeit des Todes ausblenden können,…“ Seite 70
Juno Isabelle Flock liebt ihre Beine. Juno Isabelle Folck hat für mich trotz all der Schwere glitzernde Flügel, die sie zum Lebenssinn tragen:
„Das war’s doch, weswegen man lebte, wegen der Freude. S. 201
Die Schriftstellerin wurde mit dem „Deutschen Literaturfonds 2024“ geehrt und ist völlig zu Recht die diesjährige Longlist des Deutschen Buchpreises 2024.