„Jetzt mal was anderes, Schatz“ von Katrin Kremzow

„Ein Quicky ist wie Sahnetorte bestellen, um dann einen Keks zu bekommen. Na, dann nehmen wir den Keks, ist besser als verhungern.“ Seite 71 

So ergeht es Rosa, immer wenn sie mit ihrem Stefan einen ehelichen Beischlaf plant, Zwei Minuten, wutsch, alles vorbei. Nur einer ist ins Ziel gekommen, ratet mal wer?

Der Plot ist klassisch. Es geht um das Ehepaar Rosa und Stefan. Beide haben die Fünfzig überschritten, sind drei Jahrzehnte verheiratet, die Kinder sind erwachen, das Häuschen gebaut und die Jobs garantieren einen guten Lebensstandard.

Alles paletti, könnte man jetzt denken. Doch der Gatte verschanzt sich lieber hinter seinem Lieblingshobby dem Fußball, als den Schoß der Ehefrau erblühen zu lassen. 

Die Frage nach dem Essen ist die wichtigste des Tages und wenn das Bierchen kalt ist, ist die Welt für Stefan im Döschen.

Rosa leidet dagegen unter der Trockenzeit im Schlafzimmer und holt sich bei Freundin Bibi Rat. Diese rät zu einem erotischen Abenteuer. Doch Rosa möchte keine klebrigen Handtücher in einem Hinterhofhotel. 

Sie will ein Leben, bei dem Sie der Mittelpunkt ist. Ein großes Leben nach ihren Träumen und mit ihrem Mann. Mit weniger will sie sich nicht zufriedengeben.

Sie will sich, wie ihr kindliches Alter-Ego Pippi Langstrumpf die Welt erschaffen wie sie ihr gefällt : „Leben voller Freude, Fröhlichkeit und Liebe. Mit Eierkuchen und Apfelmus, Hefeklößen mit warmen Birnen, Kartoffelstampf mit Butter“. Seite 25

Bei ihrer Suche nach dem persönlichen Glück begegnen Rosa viele Tabuzonen. Man spricht nicht über das was unter der Bettdecke passiert. Alles haben S3x aber wie sagt keiner. 

Doch auf einem Klassentreffen und einem Rennsteigausflug erhält sie erste Hinweise auf neue Wege. Die die Lehren des Osho oder die Liebe von Jesus könnten helfen.

„Alles fühlt sich so leicht an. Funkstille in der linken Gehirnhälfte, hundert Prozent Applaus aus der rechten. Einatmen – Ausatmen. 

Glückseligkeit.“. Seite 267

Die Autorin Katrin Kremzow widmet ihren Liebesroman ihrem Mann und allen mutigen Männern, die sich auf eine heilsame Entdeckungsreise durch den Dschungel ehelicher Beziehung aufmachen wollen. Und das finde ich prima.

Der Handlungsverlauf dreht sich typischerweise um die emotionalen und oft auch dramatischen Entwicklungen der Beziehung von Rosa und Stefan.

Dabei ist mir die sehr direkte und oft streitlustige Rosa nicht immer angenehm. 

Als Kind war Rosa ein einzigartiges Kind mit einem eigenen Universum im Kopf.

Was mich zu der Frage führt, wie dieses besondere Kind Rosa, sich von ihrem  Pippiuniversum in eine puristische Spießerwelt verlaufen konnte? 

Ich hätte ihr da mehr als das klassische Schablonenleben zugetraut.

Nun gut, besser spät als nie besinnt sie sich auf ihre kindliche Urkraft und geht dem Eheeinerlei an die Wurzel.

Hier bin ich zweigespalten. Die Gastrolle von Jesus war meiner Meinung nach sehr konstruiert, für den Wandel hätte ein „Guru“ gereicht. In diesem Fall Osho. 

Osho, geboren als Rajneesh Chandra Mohan Jain, war ein indischer spiritueller Lehrer und Mystiker, der seine Philosophie kombiniert mit Elementen aus dem Zen-Buddhismus, dem Tantra, der Meditation und westlicher Psychotherapie.

Liebe war für Osho ein zentraler Aspekt des Lebens, jedoch sollte sie frei sein von Besitzdenken und Abhängigkeit.

Apropos Abhängigkeit:

„Wie werde ich jetzt Carola los, ist ihr zweiter Gedanke.“ Seite 56 so steht es jedenfalls in ihrem Buch. 

Die Autorin hatte wohl schon mit mir und meinem Sermon gerechnet Da sie mich nicht rausgeschrieben hat, lasse ich jetzt mein paar Dinge vom Stapel. 

Dem Paar bei ihren eisigen Streitereien über die Schulter zu schauen war anstrengend aber die Autorin trifft hier den Ton solcher Auseinandersetzungen. 

Einige Charaktere kamen mir ein wenig zu kurz (Bibi/Olaf) und auf einige hätte ich ganz verzichtet können (Maik und die Tanten), da sie der Erzählung nicht wirklich voranbringen bzw. diese ohne sie ausgekommen wäre. 

Bei Rosa-Rosinchen hat mir neben ihrem Eigensinn die kreative-fröhliche Komponente der Pippi gefehlt und die Wandlung von Stefan als prolligem Ikke-Berliner zum gezähmten Kleinstadtspießer mit festen Essenszeiten war auch eher langweilig. Hier hätte es pfeffriger zugehen können. 

Gefreut hat mich das Wiedersehen mit meiner längst vergessenen Jugend-Ostsprache: „Du übernachtest bei deinem Schäks…, sie hatten alle keine Kirsche…Wer sagt das heute noch? Und wer fragt noch nach Arthur dem Schutzengel? Das klingt so wunderbar nach meiner Jugend. 

Ansonsten strotz das Buch nur so vor Kalauern und Allgemeinsplätzen, was ziemlich nervt. 

Auch Rosas Weg ist zeitweise wirr. Vieles wird angeteasert, bleibt aber unfertig.

So will Rosa mit Frauen offen über Sex reden, doch sie agiert für mich mit angezogener Handbremse. Da will jemand und kann doch nicht in letzter Konsequenz das Blatt vom Mund nehmen.

Ich bedanke für das Leseerlebnis und hüte mich vor der Frage, ob das Buch autobiografisch ist.

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