„Die Inkommen-Surablen von Raphalea Edelbauer

„Unablässig schlugen asketische Sittlichkeit und dionysisches Verlangen ineinander um“.

Am Fuße der Treppe von Helene Cherech einer Psychoanalytikerin treffen der junge Militär Adam, die wunderschöne Klara und der Tiroler Bauernbursche Hans aufeinander.

Es ist der Vorabend des Krieges im Juli 1914 in Wien.

Wie herabgefallene Blätter im Wind werden die Drei durch die Straßen Wiens getrieben. Sie fegen vorbei an Blaskapellen und jungen Burschen, die wie ein Körper beben. Ein Kriegskörper, der die letzte Nacht in Angriff nimmt um am Abgrund zu feiern. Morgen ist Krieg! Morgen steht die Welt in Flammen doch heute reagiert dieser Gemeinschaftskörper, als sehe er einen spannenden Film.

Entwurzelt werden die drei Schlaflosen erbarmungslos vorangepeitscht. Mal sitzen sie im feinen Hemd bei den Oberen, mal kriechen sie durch den Rinnstein der Fäulnis umgeben von Gestank, Schmerz und Dreck.

Schlaflos wogen sie dem nächsten Morgen entgegen. Klara will ihr Rigorosum absolvieren. Adam muss als Offizier in den Krieg einrücken und Hans hofft bei der Psychoanalytikerin Helene Antwort auf seine Traumcluster zu erhalten.

Sie alle werden etwas finden, sie die Inkommensurablen.

Was sind diese drei apokalyptische Reiter, Fremde gar Freunde? Sind sie einzigartige Geschöpfe oder doch nur einer Massenmanipulation aufgesessen?

Die Autorin beschreibt atmosphärisch dicht und unglaublich detailliert, welche Überfülle von Eindrücken dem Jungen vom Land überfordernd entgegenschlägt. Sie zieht uns hinein in den Sog der Stadt Wien, in die Lasterhöhlen, den Untergrund, die Heimstatt des „Lumpenproletariats“.

Ein Roman, der aufgrund seiner bildhaften Sprache auch zur olfaktorischen Herausforderung wird.

Schnell verblassen die lauschigen Bilder der Parkwege, die Flaneure, die Prachtbauten und Stadtparks. Sie transformieren sich im „Meiniger“ einen Boschschen „Garten der Lüste“ oder im „Trabant“ , eine Spelunke, die in mir in das Bild der Opiumraucher von Wereschtschagin hervorholt.

Edelbauer schafft es einzig durch ihre Sprache diese Bilder in mir entstehen zu lassen. Wahrlich ein Fiebertraum, der mir begreiflich macht, dass auch ich als Individuum nur kurz Gast im Haus der Unendlichkeit bin.

Grandios! Für mich eine unbedingte Empfehlung und gut gewählt für einen Deutschen Buchpreises 2023 ( auch wenn er es nicht bis ganz nach oben geschafft hat)

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