„Der Schlafwagendiener“ von Suzette Mayr

„…der ständigen Pfeilsalven und Dampffürze war er am ersten Tag überdrüssig.“

Seite 36

Baxter – „Er ist ein Schlafwagendiener. Ein schläfriger Wagendiener“. Seite 168

Die Fahrt geht im Jahr 1931 von Montreal bis Vancouver quer durch ganz Kanada mit der schnellsten Überlandbahn der Kontinents.

Die Goldknöpfe an Baxters Uniform blinken, seine Züge umspielt ein sanftes Lächeln als er sich bereit macht für die Fahrt und seinen Waggon.

Er ist Schuhputzer, Kindermädchen, Prügel- und Lustknabe in einem. Er ist überall und nirgends, wird angeschnipst, angeschrien und angerempelt, muss sich gegen Säufer erwehren und schaut ihnen allen ins Maul, denn Baxter hat einen Traum, er will Zahnarzt werden.

Um irgendwann ein Jemand zu sein, wird er zum Niemand.

Für einige Fahrgäste, ist noch nicht einmal sein Name des Merkens würdig.

Doch neben der vielen Arbeit und dem ständigen Hunger ist auch der Schlafentzug sein ärgster Feind.

Wie gern würde er sich in die Arme von Hypnos werfen. Umkränzt mit Schlafmohnblüten in Erwartung von Morpheus, dem Traumsohn des Schlafes.

Doch die Klingel ist erbarmungslos und statt des Hypnos tritt Pasithea die Göttin der Halluzinationen an seine Seite. Er phantasiert.

„ Dann stürzte er in den Schlaf wie ein Kormoran, der mit dem Schnabel voran hinter einer abtauchenden, Wasserschlange in den Fluss hechtet.“ Seite 89

Eine Kleinigkeit auf S.106 fällt mir auf. Die direkte Rede eines kleinen Kindes wird in einer kleineren Buchstabengrösse gedruckt. Automatisch höre ich das Stimmchen des Kindes leiser. Was für eine geniale Idee.

„Der Schlafwagendiener“ ist ein unwirklicher Roman, der ganz subtil sein Geheimnis lüftet.

Der nie deutlich wird sondern wie hinter einer Milchglasscheibe agiert.

Leicht verschwommen doch eindrücklich entsteht das Bild der Unterdrückung. In gleichem Maße nimmt die Demaskierung der Reisenden Gestalt an. Die Masken der Wohlanständigkeit und Erziehung rutschen ihnen vom Gesicht und zeigen, wie verrottet ihre Seelen doch sind.

Obwohl das Buch einige Längen aufweist, überrascht die bravouröse Konstruktion der Geschichte und natürlich das Cover. Wer genau hinsieht, erkennt das Fröschlein in der Anzugtasche des Schlafwagendieners.

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