„Der Herbst ist schon fahl, und in den Nächten weinen die Bäume braune Blätter“
Seite 103
Der Autorin Brigitte Reimann wurde 1933 in der Nähe von Magdeburg geboren. Bereits mit 14 Jahren wusste sie, dass sie Schriftstellerin werden wollte.
Anfangs geht sie noch den Weg der für DDR-Autoren vorgezeichnet wird. Sie verpflichtet sich dem „Bitterfelder Weg“ und der Stilrichtung des Sozialistischen Realismus. Mit der Zeit entwickelt sie ihren eigenen Stil.
In dem Erzählband „Katja“ deutet sich bereits in ihren frühen Werken an, wie weit sie ihrer Zeit voraus war.
Mit nur 39 Jahren verstirbt Brigitte Reimann an Krebs.
Zum Inhalt:
In der Erzählung Katja geht es um eine junge Studentin im Spannungsfeld zwischen Liebe und Beruf. Gerd liebt sie, doch er sucht eine Frau, die ihm seinen Arzthaushalt gemütlich macht. Seine Vorwürfe zerbrechen an ihrer Verständnislosigkeit. Weshalb geht nicht beides und weshalb ist dem Egoismus des Mannes Vorfahrt einzuräumen?
Diese Erzählung ist noch sehr linear erzählt. Macht aber schon 1953 den Standpunkt der Autorin zum Thema Gleichberechtigung deutlich.
Komplett anders ist die Dreiecksgeschichte „Ich werde in dieser Nacht allein sein“ von 1956. Hier dringt sie tief ein in die menschliche Psyche und lotet diese bis in kleinsten Verästelungen aus.
In „Sonntag, den … „ Briefe aus einer Stadt von 1970 lässt sie uns das fühlen, was Marcel Reich-Ranicki über sie sagte:
„Ich kann mich nicht erinnern, das Buch einer Frau in deutscher Sprache gelesen zu haben, in dem die Sehnsucht nach Liebe mit einer solchen Sinnlichkeit und Intensität gezeigt wurde.“
Sie geht mit ihrer Liebe in die vierte Dimension. Die Erinnerung.
Sprachlich so verletzlich, so unfassbar berührend und wund. Der Neubeginn ist spürbar, doch immer gibt es dieses Flüstern: „Weißt du noch?“
Gelesen habe ich so etwas in dieser Intensität jetzt, Jahre später nur bei Annie Ernaux
Für alle, die großartige Literatur lieben, empfehle ich diesen Erzählband von Brigitte Reimann wärmstens.
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